Drei Gründe für den Erfolg von Flagfootball

Zum ersten Mal machte ich mit Flagfootball im Jahr 2003, während meines Studiums an der Texas Tech University in den USA, Bekanntschaft. American Football-Fan war ich zu diesem Zeitpunkt schon, von Flagfootball hatte ich noch nie gehört. Ich nahm an den Universitätsmeisterschaften teil, gewann mit meiner Mannschaft kein Spiel und trotzdem war das Feuer in mir entfacht. Als ich in die Heimat zurückkehrte, wollte ich diesen Sport unbedingt regelmäßig ausüben.

American Football wurde in Österreich zu dieser Zeit von zwei Mannschaften dominiert, den Graz Giants und den Vienna Vikings. Obwohl die ganz großen Erfolge auf europäischer Ebene noch vor ihnen lagen, war der Spielbetrieb der beiden Vereine für eine Amateurliga sehr professionell. Beim Flagfootball sah das anders aus. Sowohl in Österreich als auch international - abseits von den USA - steckte es noch in den Kinderschuhen. Das erste nennenswerte, durch den American Football Bund Österreich (AFBÖ) ausgetragene Flagfootball-Turnier fand 1997 statt. Anschließend gründeten sich einige Vereine, die regelmäßig gegeneinander antraten. Diese bestanden zum großen Teil aus ehemaligen American Football-Spielern, die in späteren Jahren mit Flagfootball angefangen hatten. Aufgrund der langsam steigenden Popularität des Sports wurde 2001 die Flag Liga Austria (FLA) gegründet und die erste offizielle Österreichische Meisterschaft ausgetragen. Sowohl auf europäischer Ebene als auch darüber hinaus gab es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine einheitlichen Bestrebungen, internationale Wettkämpfe auszurichten. Das änderte sich im Jahr 2002: Die erste Flagfootball-Weltmeisterschaft wurde veranstaltet. Sie wurde vom AFBÖ federführend organisiert und in Österreich ausgerichtet. Sage und schreibe vier Mannschaften nahmen daran teil, alle kamen aus Europa. Soviel zum Thema „Weltmeisterschaft“. Aber ein Anfang war gemacht und Österreich konnte sich bei diesem Turnier zum ersten Weltmeister krönen. Ähnlich verlief es bei der ersten Europameisterschaft im Jahr 2003, die ebenfalls in Wien stattfand und bei der Österreich wiederum als Gewinner vom Feld ging.

Was aber führte dazu, dass Flagfootball den Weg aus dem Schattendasein bis zu den World Games schaffte?

Es waren drei wichtige Meilensteine, die dem Sport zu größerer internationaler Anerkennung verhalfen:

  • Einheitliche Spielweise

Nach der Weltmeisterschaft 2004 einigten sich der europäische Footballverband EFAF (European Federation of American Football) und der Weltverband IFAF (International Federation of American Football) darauf, dass Flagfootball bei allen internationalen Turnieren in der Variante fünf-gegen-fünf gespielt wurde. Zuvor gab es Flagfootball-Turniere, bei denen vier, sieben oder sogar elf Spieler pro Mannschaft gleichzeitig am Feld standen. Die Größe des Spielfelds war ebenfalls nicht einheitlich definiert gewesen.

Der neue Modus wurde sehr schnell in ganz Europa umgesetzt. In ganz Europa? Nein! Unsere Lieblingsnachbarn nördlich der Alpen spielten weiterhin die offizielle Meisterschaft mit sieben Feldspielern und mit Regeln, die eher dem American Football ähnelten. Meiner Meinung nach war das der Hauptgrund für die Bedeutungslosigkeit Deutschlands im internationalen Flagfootball in dieser Zeit. An Talent hat es den deutschen Spielern nie gemangelt. Aber keine deutschlandweite Meisterschaft mit dem international gültigen Modus zu haben, war ein riesengroßer Wettbewerbsnachteil. Man stelle sich vor, dass in Deutschland beim Fußball 15 Feldspieler erlaubt wären, es kein Abseits gäbe und das Spielfeld eine andere Größe hätte. Würde dann auch erwartet werden, dass Bayern München Champions League Sieger wird und die deutsche Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewinnt?

 

  • Weltmeisterschaft auf dem amerikanischen Kontinent

2008 wurde in Kanada die erste Flagfootball-Weltmeisterschaft auf amerikanischem Boden ausgetragen. Das Turnier in Montreal hatte den Namen „Weltmeisterschaft“ verdient. Mit den USA, Kanada und Mexiko waren erstmals alle Nationen mit von der Partie, die tatsächlich den größten Anteil an aktiven Flagfootball-Spielern aufweisen konnten. Die Gastgeber konnten damals den Titel holen, allerdings war dies bei den Herren der bislang letzte Medaillengewinn für die Kanadier.

 

  • Einheitliches Regelwerk

Der wichtigste Aspekt für den internationalen Durchbruch war das erste weltweit gültige Flagfootball-Regelwerk, das 2009 erschaffen wurde. Aus heutiger Sicht scheint dies undenkbar, aber bis 2009 wurden internationale Turniere gemäß lokaler Regeln mit unterschiedlichen Spielfeldgrößen abgehalten. Auch bei den Schiedsrichtern gab es erhebliche Defizite. Manche von ihnen waren deutlich mehr mit American Football vertraut und beherrschten die Flagfootball-Regeln nur teilweise. Kurzum: Ein komplettes Chaos! Die Verwirrung hielt sich auf europäischer Ebene noch einigermaßen in Grenzen, da hier die Unterschiede nicht so groß wie im internationalen Bereich – und vor allem jenseits des Atlantiks – waren. Dennoch war die Situation nicht befriedigend. Immer wieder, vor allem in Italien, spielte ich auf, für österreichische Verhältnisse, viel zu großen Spielfeldern. Die 2009 veröffentlichen Regeln setzten dem ein Ende, ab diesem Zeitpunkt waren sie für alle weltweit von der IFAF und von Kontinentalverbänden, somit auch von der EFAF, organisierten Turniere gültig.

 

Auch im Jahr 2022 gibt es immer noch mehrere Flagfootball-Varianten. Vor allem in den USA ist weiterhin die Spielweise mit nur 4 Feldspielern pro Mannschaft beliebt, außerdem gibt es nach wie vor alternative Regeln, die beispielsweise ein Blocken erlauben. Die Zukunft des Sports liegt aber in der bei den World Games eindrucksvoll zur Schau gestellten, einzig international anerkannten Variante: fünf-gegen-fünf.