Erwartungsgemäß sind es die amerikanischen Mannschaften, die den Sport seit vielen Jahren dominieren. Seit 2008 kürten sich sowohl bei den Damen (Panama, Kanada, Mexiko, USA) als auch bei den Herren (einmal Kanada, fünfmal USA) ausschließlich Mannschaften vom Kontinent jenseits des Atlantiks zum Weltmeister. Ausschließlich? Nein! Da war ja noch was in Göteborg in 2012.
Im Damenbewerb wird sich das meiner Meinung nach auch nicht ändern, die USA und Mexiko scheinen für den Rest der Welt zu stark zu sein. Dahinter sehe ich aber schon das österreichische Damenteam. Ich bin überzeugt, dass sie mit einer guten Leistung das Ergebnis von der Weltmeisterschaft in Israel im Dezember 2021 wiederholen werden können.
Nun aber zur Vorschau des Herrenwettbewerbs: Die Dominanz der US-amerikanischen Männer ist beeindruckend, seit 2008 haben sie nur ein Spiel verloren, dennoch waren sie nicht unantastbar. Bei den letzten drei Weltmeisterschaften gewannen sie das Finale mit einem Punkt, mit sechs Punkten und mit drei Punkten Vorsprung. Gelingt es einer anderen Mannschaft die USA auf ihrem eigenen Boden zu schlagen? In ein paar Tagen wissen wir die Antwort.
Bevor ich mein Powerranking preisgebe, noch kurz zum Modus: Die teilnehmenden Mannschaften wurden in zwei Gruppen gelost. In Gruppe A befinden sich die USA, Panama, Frankreich und Dänemark, in Gruppe B Mexiko, Italien, Österreich und Deutschland. In der Vorrunde spielt jede Mannschaft innerhalb der Gruppe einmal gegen alle anderen Mannschaften.
Die beiden Gruppensieger qualifizieren sich direkt für das Halbfinale, die Gruppenzweiten spielen gegen den Dritten der anderen Gruppe in den Wild Card Games um die restlichen zwei Halbfinalplätze und die Gruppenletzten scheiden aus.
Aus in der Vorrunde:
Frankreich:
Bei der Grande Nation habe ich immer das Gefühl, dass sie tolle Einzelspieler haben, aber das Team deutlich weniger als die Summe der Einzelteile ist. In den letzten 12 Jahren haben sie bis auf zwei Bronzemedaillen bei Europameisterschaften keine herzeigbaren Ergebnisse. Bei Weltmeisterschaften scheiterten sie jedes Mal spätestens im Viertelfinale. Wenn sie dieses Mal ein Ass im Ärmel haben, halten sie es zumindest geheim. Adrien Darmana, dem Kapitän der französischen Mannschaft, war nur zu entlocken, dass ihr Ziel eine Verbesserung des fünften Platzes von der Weltmeisterschaft im Dezember 2021 in Israel ist. Ich glaube nicht daran und denke, dass sie in der Vorrunde scheitern werden.
Deutschland:
Bis auf die Bronzemedaille bei der Euromeisterschaft 2015 konnte die deutsche Mannschaft in den letzten Jahren nicht auf sich aufmerksam machen. Sie schienen im Mittelfeld gefangen zu sein. Niederlagen gegen die Topteams und Siege gegen die Nachzügler standen an der Tagesordnung. Muss man die Qualifikation für die World Games schon als Erfolg sehen? Der deutsche Quarterback Benjamin Klever sieht die USA als den großen Favoriten, lässt sich aber in Bezug auf die restlichen Mannschaften auf keine Spekulationen ein. Ich denke, dass sie in der Vorrunde gegen Mexiko, Italien und Österreich knapp den Kürzeren ziehen werden.
Aus in den Wild Card Games:
Panama:
Panama war die große Überraschung der letzten Weltmeisterschaft. Erstmals schafften sie es ins Halbfinale und konnten schließlich in einem spannenden kleinen Finale gegen Italien die Bronzemedaille erringen. Auch Österreich stand in der Vorrunde auf der Abschussliste der Panamaer. Können sie das Momentum zu den World Games mitnehmen oder war das gute Ergebnis eine Eintagsfliege? Ich sehe Panama nicht ganz auf dem Niveau der Topnationen und denke, dass sie bestenfalls um Platz 5 kämpfen werden.
Italien:
Der vierfache Vizeeuropameister und zweifache Bronzemedaillengewinner bei Weltmeisterschaften ist wie eine Wundertüte: Man weiß nie, was man bekommt. In einem Jahr spielen die Italiener um den Titel mit, im nächsten Jahr gelingt gar nichts. Bei der Weltmeisterschaft in Israel im vergangenen Dezember waren sie mit einer souveränen Vorrunde, einem Viertelfinalsieg gegen Österreich und zwei ganz knappen und bitteren Niederlagen im Halbfinale und im kleinen Finale das Überraschungsteam. Nur eklatante Schwächen im Zeitmanagement haben eine Medaille verhindert. Warum ich trotzdem nicht an einen Halbfinaleinzug glaube? Ganz einfach: Nach einem guten Jahr kommt traditionellerweise wieder ein schlechtes Jahr! Nein, so leicht mache ich es mir nicht. Fabrizio Rossi, der General Manager des italienischen Teams, erzählte mir, dass sie im Vergleich zum Vorjahr drei wichtige Spieler vorgeben müssen. Zwei davon durch Verletzung und der dritte, der MVP der Weltmeisterschaft in Israel, Jordan Bouah, ist für die Vienna Vikings in der ELF im Einsatz. Für mich drei Gründe zu viel, um an einen Einzug ins Halbfinale zu glauben.
- Platz: Dänemark
Wenn es nach QB1 Frederik Lochte Ermler geht, ist alles andere als eine Medaille bei den World Games für Dänemark eine Enttäuschung. Seiner Meinung nach wurden sie in Israel unter ihrem Wert geschlagen und brennen nun auf Revanche. Das ist nachvollziehbar, denn die Dänen haben den europäischen Flag Football in den letzten 15 Jahren dominiert. Seit 2007 mussten sie bei Europameisterschaften keine einzige Niederlage hinnehmen. Vier Mal wurden sie Vizeweltmeister, einzig der Weltmeistertitel blieb ihnen bisher verwehrt. Wenn es nach mir geht, wird es auch heuer nicht ganz reichen. Obwohl Dänemark einmal mehr seine Klasse unter Beweis stellen wird, reicht es nicht ganz für eine Medaille.
- Platz: Österreich
Der Weltmeister von 2012, sorry das musste an dieser Stelle sein, kann im Gegensatz zur Weltmeisterschaft in Israel im Dezember 2021, wo der sechste Platz erreicht wurde, wieder auf seinen QB1 zurückgreifen. Nachdem Felix Wasshuber verletzungsbedingt das letzte Großereignis verpasste, ist er nun in voller Stärke zurück. Der Quarterback ist im Flag Football die wichtigste Position und das sage ich nicht nur, weil ich voreingenommen bin. Es ist Fakt. Mit dem Uprade auf der QB1-Position hat sich Österreich im Vergleich zu den anderen Teams in den letzten Monaten mit Sicherheit am stärksten verbessern können. Ob die Mannschaft ihr Potential auch ausschöpfen kann, wird sich zeigen. Die Trainingslager sind gut verlaufen und wenn die Mannschaft in Höchstform spielt, ist Vieles möglich. Ich glaube, dass Österreich im Halbfinale an den USA scheitern wird, sich aber im kleinen Finale gegen Dänemark rehabilitiert und die Bronzemedaille holt!
- Platz: Mexiko
Mexiko konnte sich bei den letzten fünf Weltmeisterschaften als einziges Team neben den USA immer unter den Top 4 behaupten. Alles deutet darauf hin, dass das auch bei den World Games der Fall sein wird. Die Ambitionen der Nordamerikaner werden vor allem nach der knappen Finalniederlage gegen die USA bei der Weltmeisterschaft in Israel vor wenigen Monaten aber wesentlich höher sein. Die Offense besteht aus unglaublich athletischen Spielern, bei denen fast jeder alle Positionen spielen kann, und ist an einem guten Tag nicht zu stoppen. In der Defense hingegen sind sie manchmal etwas anfällig. Und genau deshalb wird es auch bei den World Games nicht für einen Titel reichen, wenngleich sie aus meinem Power Ranking als zweitbeste Mannschaft hervorgehen.
- Platz: USA
Who else? Der Weltmeister von 2010, 2014, 2016, 2018 und 2021 ist auch bei den World Games das „team to beat“. Speziell, weil sie im eigenen Land spielen. Aber ist das wirklich ein Vorteil? Die Mannschaft ist einem immens hohen Druck ausgesetzt, jeder erwartet von ihnen die Goldmedaille. Nicht auszudenken, wenn unter den Augen der NFL und des Olympischen Komitees eine europäische Mannschaft den Titel holen und sich zur besten Flag Football Mannschaft der Welt küren würde. Inwieweit die Erwartungshaltung der US-amerikanischen Öffentlichkeit ein Faktor sein wird, wird man sehen. In einem Flag Football Spiel kann viel passieren und es würde mich nicht überraschen, wenn eine andere Mannschaft die Goldmedaille holt, der große Favorit ist und bleibt aber die Heimmannschaft.