Die österreichischen Nationalteams sind gestern in Alabama angekommen und haben nun drei Tage Zeit, sich zu akklimatisieren, bevor am Sonntagabend europäischer Zeit das Eröffnungsspiel ansteht. Kurz vor der Abreise stand mir Michael Salamon, der Headcoach des österreichischen Herrennationalteams, für ein Interview zur Verfügung.
Hallo Michael! Danke, dass du dir so kurz vor dem Start der World Games Zeit für ein Interview nimmst. Wie sind die Vorbereitungen bisher verlaufen?
Im Gegensatz zur WM-Vorbereitung haben wir unseren QB1 nicht durch eine Verletzung am letzten Camp verloren, was schon mal sehr gut ist.
Wir hatten zwei Testtage in größerem Kreis und dann drei Wochenendcamps, bei denen wir uns intensiver vorbereiten konnten. Leider war der Prozess insofern nicht ideal, als dass wir von Covid-Erkrankungen und kleineren Verletzungen im Kader betroffen waren und nicht jedes Mal durchgehend das ganze Team beisammenhatten. Aber ich denke, wir haben trotzdem gut gearbeitet und uns entsprechend vorbereiten können. Die Stimmung im Team war von Anfang an positiv und die Spieler haben sich da auch nicht groß aus der Ruhe bringen lassen.
Zusätzlich zu den Feldeinheiten haben wir dieses Jahr auch vermehrt im mentalen Bereich gearbeitet und das zeigt schon Ergebnisse. Das wird sicher etwas sein, das uns schon bei den World Games, aber auch langfristig, helfen wird.
Gibt es im Vergleich zur Weltmeisterschaft im Dezember Veränderungen in der Mannschaft?
Der Kern des Kaders ist derselbe. Die Rückkehr von Felix Wasshuber als QB1 ist klarerweise erfreulich. Sonst haben wir in der Vorbereitung den einen oder anderen Spieler ausprobiert. Es sind aber fast alle zumindest aus dem erweiterten Kader von 2021 gewesen. Durch die Beschränkung der Kadergröße auf 12, statt wie bei WM oder EM auf 15 Spieler, konnten wir aber auch gar keine großen Experimente eingehen. Letztlich sind wir auf der QB1- und einer Receiver Position neu besetzt.
Worauf freust du dich bei den World Games am meisten?
Das muss ich zweifach beantworten. Einerseits freue ich mich, dass wir hier bei diesem historischen Ereignis die Chance haben, uns in bester Besetzung gegen die Topnationen messen zu können. Das Level wird sehr hoch sein. Andererseits wird es natürlich auch persönlich eine tolle Erfahrung werden, so ein Event mitzuerleben und die Eindrücke aufzusaugen. Ich hoffe, dass hierzu auch ein wenig Zeit bleibt, weil primär sind wir natürlich sportlich dort. Und da ist es natürlich ganz klar meine Aufgabe und Verantwortung, dass das Team bestmöglich vorbereitet in die Spiele geht.
Was ist die größte Stärke der Mannschaft?
Die größte Stärke ist sicher der Teamspirit und Zusammenhalt. Die Spieler spielen Großteils schon lang zusammen und sind da eine richtig verschworene Einheit. Diese Erfahrung wird gerade bei so einem Riesenevent aus meiner Sicht viel Wert sein, weil es dort einen Haufen Ablenkungen geben wird. Da ist es wichtig, dass man sich fokussieren und auf seinen Nebenmann blind verlassen kann. Und das bringen wir sicher mit.
Dass jeder Einzelne darüber hinaus Top-Flag Football-Qualität hat, steht zudem außer Frage. Ich hoffe, wir können das am Ende wie ein Puzzle auch so fertig stellen. Jeder hat ein Stück, das ihn auszeichnet und wertvoll macht, aber zusammen wird das - wenn alles passt - ein tolles Bild werden.
Was ist dein Ziel für die World Games?
Mein persönliches Ziel ist grundsätzlich, dass ich alles bestmöglich versucht habe, um die Spieler dahin zu bringen, dass sie ihre beste Leistung abrufen können. Da gehört neben der Spielvorbereitung auch viel organisatorische Arbeit dazu. Die Spieler sollen sich voll auf das Spielen konzentrieren können. Dann haben wir als Team nämlich gute Chancen. Bei so einem Turnier auf höchstem Niveau ist immer alles möglich und hängt meist von kleineren Faktoren ab. Wir glauben an uns und haben auch das Zeug ganz oben mitzuspielen, wenn alles zusammenpasst. Wenn wir dann noch mit einer Medaille heimfahren, wird natürlich keiner enttäuscht sein!
Wer holt sich deiner Meinung nach den Titel?
Natürlich ist die USA Favorit. Aber schon bei der WM im Dezember hat man gesehen, dass die Mexikaner ihnen sehr nah gekommen sind und in einem Spiel immer alles passieren kann. Hinter den beiden kommt aber aus meiner Sicht schon das Feld. Alle Teams sind so aufgestellt, dass an einem guten Tag jeder jeden schlagen kann. Es wird interessant, wer in welcher Besetzung vor Ort sein wird und gut ins Turnier startet, um Selbstvertrauen aufzubauen.
Mit anderen Worten, die US-Amerikaner werden bei dieser ersten Ausgabe im eigenen Land vor den Augen des Olympischen Komitees in Richtung Olympia 2028 in Los Angeles natürlich alles geben, um den Titel zu holen. Ein anderer Goldgewinner würde mich persönlich aber nicht groß überraschen, weil der Unterschied zwischen den Teams einfach immer kleiner wird. Mit einem etwas anderen Spielverlauf im WM-Finale 2018 hätten wir die Überraschung schaffen können. Und 2012 haben wir die Amis bei der WM im Finale ja auch schon geschlagen. Wir haben also immer wieder gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den World Games!