“It could be that flag football will make it to the Olympics one day.”
Tommy Wiking, Präsident International Federation of American Football (IFAF)
Als Tommy Wiking im Rahmen der Flagfootball Weltmeisterschaft in Göteborg im Jahr 2012 diese Aussage tätigte, glaubten viele der anwesenden Teams, Funktionäre und Fans, dass dies ein unerfüllbarer Wunsch wäre. Jetzt, 11 Jahre später, ist es Realität.
In einer historischen Entscheidung hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) bekannt gegeben, dass Flagfootball im Jahr 2028 Teil der Olympischen Spiele sein wird. Diese Entscheidung markiert einen bedeutenden Wendepunkt für den Sport und kann weitreichende Auswirkungen auf seine zukünftige Entwicklung und weltweite Anerkennung bewirken. Flagfootball wird nun auf der größten sportlichen Bühne der Welt vertreten sein. Es ist der bisherige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung, den der Sport hingelegt hat.
Die Aufnahme von Flagfootball in das Programm der Olympischen Spiele erfolgte dabei nicht über Nacht. Sie ist das Ergebnis jahrelanger engagierter Bemühungen des Football-Weltverbandes IFAF, der dabei in letzter Zeit erhebliche Unterstützung von der NFL erhalten hatte. Die stärkste Footballliga der Welt hat die einmalige Chance, Flagfootball bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles ins Programm zu bekommen, gesehen, und ihre ganze Marketingmacht in den Ring geworfen. Der Prozess begann mit der Anerkennung durch die International World Games Association (IWGA), was zur Inkludierung des Sports bei den World Games, einer internationalen Multisportveranstaltung für nicht-olympische Sportarten, im Jahr 2022 führte.
Was bedeutet dies nun für Flagfootball?
- Weltweite Anerkennung: Die Aufnahme von Flagfootball in das Programm der Olympischen Spiele hebt den Status des Sports auf der Weltbühne an. 2028 wird man die Möglichkeit haben, einem Millionenpublikum den Reiz von Flagfootball näherzubringen. Viele davon werden wahrscheinlich zum ersten Mal Kontakt damit haben. Die olympische Plattform könnte ein vermehrtes Wachstum auf der ganzen Welt auslösen, insbesondere in Regionen, in denen der Sport bisher weniger etabliert ist.
- Entwicklungsmöglichkeiten: Die olympische Anerkennung bringt zusätzliche Mittel und Unterstützung für die Entwicklung des Sports auf allen Ebenen. Nationale Sportverbände und Vereine können auf zusätzliche Ressourcen zugreifen um Talente zu entwickeln und die Qualität der gebotenen Leistungen erhöhen.
- Professionelle Ligen: Die Aussicht auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen könnte die Gründung professioneller Flagfootball-Ligen in verschiedenen Ländern fördern. Diese Ligen können einen Weg bieten, auf dem Spitzensportler den Sport Vollzeit betreiben können, was zu einer höheren Qualität des Wettbewerbs führt. Ein erster Schritt dafür passiert bereits in den USA, wo gerade die erste semi-professionelle Flagfootballliga startet. Ich persönlich sehe es als unwahrscheinlich an, dass sich bis 2028 in irgendeinem anderen Land eine Profiliga entwickeln wird.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sowohl die Anzahl der Aktiven, als auch das sportliche Niveau deutlich steigen wird. Vor allem im Männerbereich sehe ich ein großes Potential für Weiterentwicklung, weil viele Tackle-Footballspieler sich überlegen werden, entweder zu Flagfootball zu wechseln oder es zumindest zusätzlich auszuüben. Der olympische Traum mancher wird sicherlich größer sein, als eine Teilnahme an der österreichischen oder deutschen Tackle-Footballliga. Vorbilder gibt es jetzt schon: Die beiden in der European League of Football engagierten Italiener Luke Zahradka (Milano Seamen) und Jordan Bouah (Vienna Vikings) haben in der Vergangenheit Erfolge im italienischen Flagfootball-Nationalteam feiern können.
Interessant wird sein, wie die Verbände der einzelnen Nationen bei der Auswahl der Flagfootball-Nationalteams vorgehen. Vertraut man auf die erfahrenen Flagfootballspieler, die in den vergangenen Jahren am Start waren, oder überlässt man das Feld Tackle Footballern, die erst jetzt beginnen, Flagfootball zu spielen? Die Kräfteverhältnisse können sich dabei extrem schnell verschieben. Ich gehe davon aus, dass erfolgreiche Flagfootball-Nationen wie Österreich und Deutschland den eingeschlagenen Weg weitergehen und versuchen werden, sich kontinuierlich zu verbessern. Aber was macht zum Beispiel Finnland? Im Tackle Football ist man seit Jahren in der europäischen Spitze, im Flagfootball dagegen immer im abgeschlagenen Feld anzufinden. Die Finnen werden wohl eher eine Chance an einer Teilnahme an den Olympischen Spielen haben, wenn sie ihren Tackle Footballern lernen, Flagfootball zu spielen, als auf reine Flagfootballspieler zu bauen.
Das Extrembeispiel ist die USA. Es gibt unzählige Flagfootballspieler, die noch dazu sehr erfolgreich und in den letzten Jahren auf internationaler Ebene ungeschlagen sind. Es wird in Zukunft eine semi-professionelle Liga geben. Aber es gibt auch die NFL. Der Star-Receiver der Miami Dolphins Tyreek Hill hat bereits getweeted (ge-x-t?), dass er sich mit anderen NFL-Stars zusammentun und die Goldmedaille holen will. Wie ernst er das meinte, wird man sehen, die Diskussion, wer die USA bei den Olympischen Spielen vertreten soll, ist jedenfalls entfacht. Eines will der Gastgeber 2028 nämlich sicherlich vermeiden. Auf eigenem Boden in der ureigenen Sportart zu verlieren.
Die heutige Entscheidung des IOC bedeutet, dass Flagfootball 2028 olympisch ist, 2032 in Brisbaine, Australien kann die Sache schon wieder ganz anders aussehen. Die Aufnahme ins Olympische Programm ist ein Elfmeter, den der Schiedsrichter (das IOC) gegeben hat. Das Tor müssen nun alle Beteiligten selbst schießen.